NZZ, 2011: Der Herd als Talentschmiede
NZZ, 2011: Der Herd als Talentschmiede
Diesen Herbst rücken die Spitzenköche von morgen ins Rampenlicht: «Marmite» und der Starkoch Ivo Adam lancieren bei «Best of Swiss Gastro» die Wettbewerbskategorie «Youngster».
Urs Bühler
«Stubenkükenbrust in Maishaar und Blättern, sous-vide gegart, Maismehl-Haut-Crunch, Stubenkükenschenkel im Maiskeimöl confiert zu weisser Polenta mit gehobelter Muskatnuss, Mais-Cox-Orange-Chutney, Bourbon-Whisky, Eichen-Barrique-Destillat und Korianderblätter.» Das ist kein Auszug aus der Karte eines Gourmetlokals, es entstammt dem Kopf und der Feder eines grossen Schweizer Kochtalents, dessen Kreativität und Fachkenntnis eine Fachjury begeistert haben. Die ausgebildete Köchin hat ihr Rezept nämlich zur Qualifikation für die frisch lancierte Kategorie «Youngster» von «Best of Swiss Gastro» eingereicht – und mit Bravour den Finaleinzug geschafft.
Ehrgeizige Hoffnungsträger
Die Kraft der Anziehung eines Berufs auf den Nachwuchs hängt nicht zuletzt von der gesellschaftlichen Anerkennung der Tätigkeit und den Aufstiegsperspektiven ab. Beides wollen die auf Ess- und Trinkkultur spezialisierte Zeitschrift «Marmite» und der junge Starkoch Ivo Adam in ihrer Kooperation mit «Best of Swiss Gastro» stärken und dabei ein Sprungbrett für unter Dreissigjährige schaffen. Zielgruppe sind nicht Küchenchefs, schon gar nicht mit Punkten oder Sternen dekorierte. Aus Hunderten potenziellen Anwärtern, die am Anfang der Karriereleiter stehen, wurden anhand der Dossiers fünfzig selektioniert, ehe man das Feld auf zwanzig eingrenzte. Manche von ihnen verfügten bereits über einen eigenen Manager – eines von mehreren Indizien für die Ambitioniertheit der Hoffnungsträger.
Diese Woche nun sind die zehn Finalistinnen und Finalisten bestimmt worden, mit dem jeweils eingereichten Rezept als Hauptkriterium. Dabei hatten mindestens zwei Zutaten aus einer vorgegebenen Liste zu stammen, etwa Glarner Ziger oder eben Stubenküken. Als weitere Vorgabe muss das Gericht nach maximal einstündiger Vorbereitungszeit in einer halben Stunde gekocht sein. Wer also Kalbsbäggli vorschlug, die stundenlang schmoren müssen, disqualifizierte sich. So verpasste etwa ein Mitglied der Junioren-Kochnationalmannschaft den Einzug in die Finalrunde – trotz einem Notenschnitt von 5,9 im Lehrabschlusszeugnis.
Für jene aber, die den Sprung in die Top Ten geschafft haben, gilt es am 20. September ernst: Dann müssen sie in einer Zürcher Schauküche anhand ihres Rezepts ihr Können unter Beweis stellen. Dabei werden nebst dem Schlussresultat auch die Sauberkeit und die Exaktheit der Arbeitsweise beurteilt. Vervollständigen werden die fünfköpfige Jury bei diesem Showdown die zwei Sterneköche Jörg Slaschek, der die Schweizer Sektion der Jeunes Restaurateurs d'Europe präsidiert, und André Jaeger, Präsident der Grandes Tables Suisses.
Mütter als Vorbilder
Der Sieger oder die Siegerin wird am 21. November bekanntgegeben und gewinnt nebst Publizität und einer Portion Ruhm eine 15 000-fränkige Uhr. Durchaus mehr als nur einen einzigen Namen merken darf man sich für die Zukunft aber aus der Liste der Finalteilnehmer: Tobias Zihlmann («Mesa», Zürich), Mauro Gianinazzi («Vitznauerhof», Vitznau), Dennis Remo Brunner (Hotel «Waldhaus», Sils), Anna Kaiser (Landgasthof «Löwen», Bubikon), Pascal Steffen (zurzeit noch «La Moraga», Malaga), Micha Schärer («Mille Sens», Bern), Mario Inderschmitten («Schlosskeller», Brig), Mario Garcia («Anstalten Witzwil», Gampelen), Rebecca Clopath («Rössli», Escholzmatt), Daniela Manser (Hotel «Metropol», St. Gallen, bald Gastgeberin im «Anker», Teufen).
Unter den Arbeitsorten der Qualifizierten finden sich also sehr renommierte Stätten – die grösste Talentschmiede jedoch ist wohl der heimische Herd: Als sie in einem Fragebogen ihren Lieblingskoch nennen mussten, wählten viele Teilnehmende die eigene Mutter.